«Miin Rollator, das isch min Fründ!» So tönte es bei der 94-jährigen Anny Wiedemann im Betagtenheim Halden in St. Gallen. Und das ist mehr als ein Spruch. «Ohne Rollator könnte ich nicht mehr gehen», ergänzt Melanie Steininger, sie ist 92. Sei es im Alter oder nach einer Verletzung: Wer nicht gut auf den Beinen ist, für den ist ein Rollator ein zuverlässiger Begleiter, der den Aktionsradius enorm ausweitet.
Interaktiv:
Zuverlässig? Ob auf die gängigen Rollatoren wirklich Verlass ist, das wollte «Kassensturz» wissen und hat acht viel verkaufte Modelle getestet. Das Fazit ist erfreulich. Mit wenigen Einschränkungen lässt sich pauschal zusammenfassen: Die meistverkauften Rollatoren in der Schweiz haben keine groben Mängel.
Alle Rollatoren lassen sich gut fahren, die Räder laufen tadellos, die Bremsen und die Feststellbremsen funktionieren, mit einzelnen Einschränkungen (siehe unten). Die Verarbeitung ist bis auf ein Modell tadellos, die Bewertungen für die Handhabung liegen zwischen den Schulnoten 3,6 und 5,0.
Zwei passable Rollatoren für 100 Franken im Test
Am besten schneiden zwei der teuersten Rollatoren ab, Access Active Walker und Topro Troja 2G, die in Fachgeschäften erhältlich sind. Ein ausgezeichnetes Preis-Leistungsverhältnis bieten die beiden günstigsten Modelle im Test: Dietz Ligero (Fachhandel) und Salvatec Aluminium-Rollator (Aldi) kosten um die 100 Franken und schneiden mit Gesamtnoten 4,7 und 4,6 ansprechend ab.
«Nicht-Lebensmittel» sind bei Aldi wie immer nicht permanent im Sortiment, laut Angaben des Discounters ist Salvatec derzeit in mehreren Filialen erhältlich. Die viel teureren Modelle Handicare Gemino 30 (295 Franken) und Dolomite Jazz 600 (365 Franken) erreichen die gleichen Noten.
Service:
Im Labor-Test stellte sich heraus, dass Jazz 600 die Anforderungen an die Kippsicherheit nicht ganz erfüllt und dass die Feststellbremsen viel zu schwergängig sind. Invacare, die Firma hinter Dolomite, schreibt «Kassensturz» zur Kippsicherheit, die Werte aus eigenen Tests würden die Norm erfüllen.
Was die viel zu harten Feststellbremsen betrifft, verweist Invacare darauf, dass beim Kauf im Fachhandel auch die Feststellbremse fachgerecht eingestellt würde.
Drive Cristallo: Zu viele Mängel, zu wenige Pluspunkte
Invacare weist aber auch darauf hin, dass das bereits erhältliche Nachfolgemodell unter gleichem Namen «wesentlich verbessert» worden sei, «vor allem bei der Kippsicherheit und bei den Bremsen» – also genau bei den Punkten, die «Kassensturz» kritisiert. Auch Handicare hat auf die «Kassensturz»-Kritik geantwortet: «Selbstverständlich hätte der Rollator mit einer funktionierenden Bremse ausgeliefert werden sollen». Doch sollte dieser Mangel im Kriterium «Betriebsfähig machen» bewertet werden, nicht bei den Bremsen. Wäre der Rollator wie vorgesehen von Fachpersonal in Betrieb genommen worden, hätte die unbefriedigende Bremswirkung «identifiziert und korrigiert werden müssen»
Nur einer schaffte die Hürde nicht. Drive Cristallo (95 Franken) ist schwer, kompliziert in Betrieb zu nehmen, er hat scharfe Kanten, er rollte am schlechtesten im Test und vor allem: Er überzeugte im Praxistest nicht, und er rollt trotz angezogener Feststellbremse weg – obwohl die «Handbremse» nur mit viel Kraft zu bedienen ist. Die Vertreiberfirma Drive Medical schreibt als Reaktion auf das Testresultat, die Bremsen könne man selber besser einstellen. Die scharfen Kanten waren Drive Medical nicht bekannt.
So wurde getestet
- Im Test waren acht der meistverkauften Rollatoren mit Preisen zwischen 95 und 508 Franken. «Kassensturz» gibt die günstigsten Preise an, die vor der Veröffentlichung im Internet auffindbar waren. Die Preise im Laden sind in der Regel höher als hier aufgeführt. Als Gegenleistung wird der Rollator gebrauchsfertig bereitgestellt.
- Sechs Rollator-erfahrene Senioreninnen und Senioren aus St. Gallen im Alter zwischen 77 und 94 Jahren testeten die Rollatoren in der Praxis, unter Anleitung von erfahrenen Testleitern. Der Test fand im Betagtenheim Halden statt, wo die Testpersonen wohnen.
- Sie absolvierten einen Parcours und bewerteten alle praxisrelevanten Kriterien, von der Form der Griffe und der Sitzhöhe bis zu den Bremsen und der Ergonomie der Griffe. Einzelne Kriterien und Noten finden Sie in der Testtabelle.
- Zusätzlich benoteten auch die Testleiter die Rollatoren.
- Das Labor Ipi, das auch den Praxistest durchführte, prüfte die Rollatoren auf technische Aspekte wie Kippsicherheit, Bremsen, Konstruktion und bewertete die Inbetriebnahme und die Gebrauchsanleitungen.